Deutschland muss „friedenstauglich“ sein!

In der ZDF-Sendung Berlin direkt gab Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am vergangenen Sonntag ein viel beachtetes Interview. Als Kernsatz forderte er darin eine Kriegstauglichkeit der deutschen Bundeswehr. Er verwies ebenso darauf, dass die deutschen Streifkräfte bereits jetzt eine der stärksten Armeen innerhalb der NATO in Europa darstellen würden, bedingt durch einen „Mentalitätswechsel“ der Deutschen in Sicherheitsfragen jedoch noch wehrhafter werden müsse.

Was bedeutet die von Boris Pistorius angesprochene „Kriegstauglichkeit“ denn in der Praxis? Die Internetseite soldat-und-technik.de versucht sich in folgender Definition:

„Kriegstauglichkeit ist die nachgewiesene Eignung, mit den eigenen personellen, materiellen, infrastrukturellen, organisatorischen sowie betrieblichen Fähigkeiten, weitestgehend ohne Abstützung auf Leistungen Dritter, im dauerhaften, hochintensiven Gefecht mit einem gleichwertigen Gegner erfolgreich zu sein.“

Gemäß unseres Grundsatzprogramms sehen wir uns als konsequente Friedenspartei und bekennen uns dazu, dass Gewaltanwendung nicht Mittel politischen Handelns sein darf. Die oftmals zitierte ‚globale Verantwortung‘, die Deutschland zu übernehmen habe, sehen wir nicht in der Beteiligung an Militäraktionen oder in einem aus dem milliardenschweren Sondervermögen finanzierten Aufrüstungswettbewerb, sondern in der Einflussnahme auf politische Akteure in Richtung friedlicher, ökologisch und sozial ausbalancierter Problemlösungen. Alle europäischen und internationalen Interventionen unseres Landes müssen dabei in einem klaren Wertekodex eingebettet sein, der sich festmacht an den Forderungen nach Frieden, Erhaltung der Lebensgrundlagen von Mensch und Tier und der unbedingten Anhebung des Lebensstandards in Armutsregionen.

Übertragen auf den aktuellen Nahostkonflikt bedeutet dies, dass ausschließlich eine Zweistaatenlösung einen Ausbruch aus der andauernden Gewaltspirale sein kann. Dies bedeutet einen unabhängigen und überlebensfähigen Staat Palästina neben dem Staat Israel. Beide würden anerkannt und könnten in Frieden koexistieren. Alle Gespräche über eine Zweistaatenlösung sind bisher an den Fragen der Aufteilung des Landes, dem Status von Jerusalem und der Rückkehr von palästinensischen Flüchtlingen gescheitert. Die vom damaligen US-Präsidenten Trump im Jahr 2020 vorgeschlagene Zweistaatenlösung wurde von den Palästinensern abgelehnt, weil sie ihre Positionen nicht berücksichtigt sahen und Israel demnach viel mehr Kontrolle über zahlreiche Bereiche gehabt hätte. Selbstverständlich kann eine derartige Verhandlung bzw. die Erstellung einer Roadmap erst nach der Einstellung jedweder Gewaltanwendung und der Freilassung aller Geiseln beginnen.

Sebastian Everding, Bundesparteitag 2023

 

„Wir leben nicht mehr in einer bipolar geprägten Ordnung wie zu Zeiten des Eisernen Vorhangs und in unserer globalisierten Welt sind Themen in den Fokus der Außenpolitik gerückt, die dort früher nicht oder weniger stark auftauchten, so das der Schutz allen Lebens die oberste Handlungskoordinate sein muss. Der von Boris Pistorius angesprochene Mentalitätswechsel der Bevölkerung kann deswegen nicht in den Kauf von stärkerem Kriegsgerät wie Panzern und Jets münden, sondern ausschließlich in einer zivilen Konfliktlösung. Deutschland muss hierfür auf allen Ebenen seinen Einfluss geltend machen – Unsere Außenpolitik kann dabei nur eine konsequente Friedens- und Deeskalationspolitik sein!“