Die zweite Bürgerschaftssitzung der neuen Wahlperiode war geprägt von mehreren ideologischen Kämpfen, die offenbar alleinig deshalb geführt wurden, weil die nichtlinken Fraktionen noch völlig euphorisiert von ihren Wahlergebnissen sind und mit ihrem neuen Übermut nichts vernünftiges anzufangen wissen. Die Anträge im Einzelnen:
Erstellung eines Qualifizierten Mietspiegels
Der Mieterbund plädierte im Vorfeld stark für die Einführung, da durch einen qualifizierten Mietspiegel die verbindlichen Rechte der Mieter:innen gestärkt werden. Die Seite der Vermieter:innen hingegen wollte beim einfachen Mietspiegel bleiben, da sie dadurch mehr Möglichkeiten für Mieterhöhungen haben. Die grüne Fraktion befürchtete jedoch preisliche Nachteile für die Mieter:innen und es gab daher die Notwendigkeit, die rechtlichen Details zugunsten der Mieter:innen nochmal darzulegen. Obwohl die Verwaltung die terminliche Dringlichkeit erklärte, fand sich leider dann insgesamt eine Mehrheit für die Verweisung in die Fachausschüsse, sodass der qualifizierte Mietspiegel mit Verzögerung oder, im schlimmsten Falle, gar nicht erstellt werden kann.
Stelle der Kinderbeauftragten
Die CDU beantragte, die Stelle nur eng befristet zu verlängern, konnte aber keine schlüssige Begründung dafür vorbringen. Zu vermuten ist daher, dass es einzig um die Person ging, die der CDU aus ideologischen Gründen nicht passte. Zum Glück konnte sich die CDU nicht durchsetzen und die Stelle konnte erfolgreich verlängert werden. Glückwunsch an Frau Engel!
Abbruch der Baumaßnahme Diagonalquerung über die Europakreuzung
Eine enorm langwierige und heftige Debatte ergab sich zu diesem Thema, obwohl bereits sämtliche Argumente seit vielen Jahren auf dem Tisch liegen. Aber genau deshalb beantragten die nichtlinken Fraktionen, die Baumaßnahme abzubrechen – denn die Mehrheit ist seit vielen Jahren das erste Mal gegen die Diagonalquerung. Die Verwaltung hatte aufgrund der alten Mehrheit kurz vor der Kommunalwahl die Baumaßnahmenplanung konkret begonnen, da das Projekt seit vielen Jahren geplant war. Die Vorteile sind bekannt: Mit dem Rad kommt man schneller voran und die Menschen, die zu Fuß gehen, können ungestörter die Europakreuzung queren. Da sowieso Baumaßnahmen in dem Bereich anstehen, ist die Diagonalquerung ein insgesamt sinnvolles Vorhaben. Nun wurde aber die Bürgerschaftssitzung instrumentalisiert, um auf dem Rücken der Radfahrenden und Zufußgehenden eine ideologische Schlammschlacht zu eröffnen. Und das Kalkül der neuen nichtlinken Mehrheit ging leider auf: die Diagonalquerung wurde trotz des bereits erfolgten Auftrags gestopp! Glück im Unglück stellte sich einige Tage später nun heraus: Es entstehen der Stadt keinerlei Kosten durch beauftragte Unternehmen.
Abschaffung der Übernachtungssteuer
Ebenfalls ein ideologisch bedingter Antrag, der bereits in der alten Wahlperiode angekündigt wurde: die Hotels und Pensionen der Stadt sollen von der „Bettensteuer“ befreit werden, die erst seit 2023 abgeführt werden muss. Die Argumente der nichtlinken Fraktionen waren damals, dass diese Steuer mit viel Aufwand verbunden sei und zum Rückgang der Besucherzahlen führen würde. Die amtlichen Zahlen ergeben jedoch: Greifswald ist für Tourist:innen und Dienstreisende attraktiver als zuvor! Die Übernachtungssteuer bringt also keine Nachteile für die Stadt, erfüllt aber eine enorm wichtige Funktion für die Finanzierung der zahlreichen städtischen Aufgaben. Diese wiederum kommen indirekt auch den Hotels und Pensionen zugute! Bekannteste touristische Maßnahme: das Caspar-David-Friedrich-Jahr.
Die Abschaffung der Steuer würde also ein finanzielles Loch in die Stadtkasse reißen und die nichtlinken Fraktionen boten keinerlei Gegenfinanzierung an! Aufgrund der Unausgereiftheit und ideologischen Engstirnigkeit des Antrags wurde er in die Ausschüsse zurückverwiesen. Die Gefahr, dass dort auch wieder Ideologie über Vernunft siegt, ist jedoch groß!
Gendern unterbinden!
Die Bürgerschaft beschloss in der vorherigen Wahlperiode, dass die Verwaltung in der Außenkommunikation gendergerechte und genderneutrale Formulierungen verwenden bzw. bevorzugen soll. Auch hier kündigten die nichtlinken Fraktionen bereits an, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Erwartbar ideologisch wurde dieser Antrag eingebracht und man fühlte sich in die Kommentarspalte von Facebook oder einschlägige Telegram-Chat versetzt. Das war bereits schräg und peinlich, aber obendrein war der gesamte Antrag auch noch rechtswidrig. Denn in ihrem Übermut sah er vor, dass die Verwaltung auch intern nicht mehr gendergerechte Sprache verwenden dürfe. Ein solches Verbot wäre jedoch rechtlich gar nicht möglich! Der Oberbürgermeister musste also bekanntgeben, dass er verpflichtet ist, den Antrag zu beanstanden und nicht anzuwenden. Trotzdem fand er eine Mehrheit von CDU, CDK-IBG-AdbM, BG, BSW und AfD.
Besonders widerlich ist, dass der Antrag zwar von der CDU-Abspaltungsfraktion eingebracht wurde, aber original von der AfD stammte, die ihn größtenteils wortgleich bereits in mehreren anderen Städten einbrachte.
Nach Jahrtausenden der Mitgemeintheit von nichtmännlichen Personen wäre es eigentlich an der Zeit, dass mal Männer mitgemeint sind. Unser Antrag für ein generisches Femininum fand jedoch leider keine Mehrheit.
Cannabis Social Clubs in städtischen Immobilien
Besondere Aufregung gab es um den Antrag der CDU, dass ein bereits geschlossener Vertrag mit soChil Green CC wieder gekündigt werden solle. Der Betreiber hat allein schon durch den Antrag massiven finanziellen Schaden erlitten, da er dringende Maßnahmen nicht vornehmen konnte aufgrund der Ungewissheit, wie es weitergeht. Der CDU war es nie wichtig, gegen legale Rauschmittel in der Stadt vorzugehen. Erst die bundesgesetzliche Änderung, Cannabis Social Clubs zuzulassen, führte zu dieser ebenfalls rein ideologisch bedingten Schlacht auf der kommunalen Ebene. Nachdem den Bürgerschaftsmitgliedern verdeutlicht wurde, welchen juristischen und ökonommischen Unsinn die CDU vorhat, der lediglich den Schwarzmarkt stärken und die unternehmerische Freiheit schwächen würde, wurde der Antrag glücklicherweise mehrheitlich abgelehnt.
Fortsetzung folgt
Einige weitere Anträge, die nicht ideologische Schauwettkämpfe waren, sondern das Leben der Menschen konkret in unserer Stadt verbessern sollen, konnten noch behandelt werden. Viele Anträge mussten aber nach 5 Stunden Marathonsitzung auf die kommende Bürgerschaftssitzung verschoben werden. Die Anträge „Gendern unterbinden!“, zum Mietspiegel sowie zur Abschaffung der Übernachtungssteuer werden uns zusätzlich nochmal beschäftigen müssen. Wir hoffen sehr, dass sich das BSW nicht als dauerhafte Mehrheitsbeschafferin für den Block aus CDU-CDK-IBG-AdbM-BG-AfD entwickelt!